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Juli

Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz - Neuregelungen auch bei der Steuerklassenwahl und dem Kindergeld

Am 2.6.2017 passierte das sogenannte Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) den Bundesrat. Es enthält eine Vielzahl an steuerlichen Anpassungen und Änderungen quer durch die Steuergesetze.

Vorrangiges Ziel des Gesetzes ist es, die Möglichkeiten einer Steuerumgehung mittels sog. "Briefkastenfirmen" zu erschweren. Durch erhöhte Transparenz, verbunden mit erweiterten Mitwirkungspflichten, sowohl durch die Steuerpflichtigen als auch durch Dritte (Banken), sowie neuer Ermittlungsbefugnisse der Finanzbehörden sollen Domizilgesellschaften künftig wirksamer erkannt werden können. Damit steigt das Entdeckungsrisiko und erhöht dadurch auch die präventive Wirkung.

Zu den wichtigsten vorgesehenen Maßnahmen zählen:

  • Das sog. steuerliche Bankgeheimnis wird aufgehoben.
  • Sammelauskunftsersuchen durch die Finanzbehörden werden klarer definiert. Ermittlungen "ins Blaue hinein" bleiben aber weiterhin unzulässig.
  • Das Kontenabrufverfahren für Besteuerungszwecke wird auf die Erhebung von Rückforderungsansprüchen für bundesgesetzlich geregelte Steuererstattungen und Steuervergütungen (z. B. Kindergeld) ausgeweitet. Künftig können auch Fälle ermittelt werden, in denen ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung ist.
  • Das Bundeszentralamt für Steuern kann auf sämtliche in der Kontenabruf-Datei enthaltene Daten zugreifen.
  • Die Aufbewahrungsfrist für Kontenabrufdaten bei Kreditinstituten nach einer Kontenauflösung wird auf 10 Jahre verlängert.
  • Die Anzeigepflicht für den Erwerb von qualifizierten Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften wird vereinheitlicht und gilt insbesondere für unmittelbare und mittelbare Beteiligungen gleichermaßen - bereits ab einer 10 %igen Beteiligung.
  • Künftig müssen auch Geschäftsbeziehungen zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in Drittstaaten (Drittstaat-Gesellschaft), auf die unmittelbar oder mittelbar beherrschender Einfluss besteht, angezeigt werden. Pflichtverletzungen können mit Bußgeldern bis zu 25.000 € belegt werden.
  • Steuerpflichtige, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf gesellschaftsrechtliche, finanzielle oder geschäftliche Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben können, müssen Unterlagen 6 Jahre lang aufbewahren und Außenprüfungen ohne Begründung zulassen.
  • In Zukunft werden Banken umfangreicher in Anspruch genommen. Im Rahmen der Legitimationsprüfung müssen Kreditinstitute auch das steuerliche Identifikationsmerkmal des Kontoinhabers und das jedes anderen Verfügungsberechtigten bzw. jedes anderen wirtschaftlich Berechtigten erheben und aufzeichnen und die Identifikationsnummer kontinuierlich überwachen und aktualisieren. Ausgenommen sind Konsumentenkredite bis max. 12.000 €.
  • Im Falle einer Steuerhinterziehung verlängert sich die Zahlungsverjährungsfrist von 5 auf 10 Jahre.
  • Die fortgesetzte Steuerhinterziehung durch verdeckte Geschäftsbeziehungen zu einer beherrschten Drittstaat-Gesellschaft wurde in den Katalog der besonders schweren Fälle einer Steuerhinterziehung aufgenommen; eine strafbefreiende Selbstanzeige hierzu wird ausgeschlossen.

Mit dem Gesetz sind neben den Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerumgehung noch weitere Änderungen beschlossen worden, die nichts mit Steuerumgehung zu tun haben. So wurde überraschend noch eine Änderung zum Kindergeld eingefügt, mit der ein Kindergeldantrag nur noch für 6 Monate rückwirkend gestellt werden kann. Neu aufgenommen wurde auch eine Datenübermittlung durch das Bundeszentralamt für Steuern an die Familienkasse. Des Weiteren erfolgt künftig die Einstufung beider Ehegatten nach der Heirat automatisch in Steuerklasse IV. Dies gilt auch, wenn nur einer der beiden ein Gehalt bezieht.

Ein Steuerbescheid kann in Zukunft zugunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geändert werden, wenn die übermittelten Daten zu seinen Ungunsten unrichtig sind. Das gilt jedoch nur, wenn diese Daten rechtserheblich sind.

Inkrafttreten: Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Die Änderungen zum Kindergeld und der steuerlichen Eingruppierung von Ehegatten hingegen treten erst am 1.1.2018 in Kraft.

Neuregelungen bei den GWG und Sanierungserträgen durch das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken

Mit dem vom Bundesrat am 2.6.2017 verabschiedeten Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen werden die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen und andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen, die beim Empfänger nicht oder nur niedrig besteuert werden, eingeschränkt.

Darüber hinaus sind in dem Gesetzespaket verschiedene Maßnahmen enthalten, die für die meisten Steuerpflichtigen interessant sein dürften. Dazu gehören

  • die Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) zur Sofortabschreibung von 410 € auf 800 €,
  • die Anhebung der unteren Wertgrenze zur Bildung eines Sammelpostens bei GWG von 150 € auf 250 € sowie
  • die Einführung einer Steuerbefreiung von Sanierungserträgen unter Verhinderung von Doppelbegünstigungen.

Seit der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 28.11.2016 zur Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen sind Steuerpflichtige verunsichert, ob die bisherige Verwaltungsregelung weiter anzuwenden ist. Die Steuerfreiheit für Erträge aus unternehmensbezogenen Sanierungen ist nunmehr im Gesetz aufgenommen worden. Neben dem Ertrag aus der Sanierung eines sanierungsbedürftigen und sanierungsfähigen Unternehmens ist auch die Schuldenbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens begünstigt. Hier kommt es zu einer rückwirkenden Anwendung der Regelungen nach dem 8.2.2017. Zu deren Gültigkeit bedarf es jedoch noch der Zustimmung durch die Europäische Kommission.

Dieses Gesetz tritt grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die Anpassung der GWG-Grenzen gilt jeweils für Anschaffungen bzw. Herstellungen nach dem 31.12.2017.

Geldwäschebekämpfung wird intensiviert

Durch das Gesetz zur Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen müssen die geldwäscherechtlich Verpflichteten strengere Vorgaben, etwa bei grenzüberschreitenden Korrespondenzbeziehungen, beachten.

Kern des Gesetzes - dem der Bundesrat am 2.6.2017 zustimmte - ist die Einrichtung einer Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Die Zentralstelle nimmt geldwäscherechtliche Meldungen entgegen, analysiert diese und leitet sie bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an die zuständigen Stellen. Alle wirtschaftlich Berechtigten werden in einem elektronischen Transparenzregister erfasst. Der Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten wird erweitert.

Dieses Gesetz trat am 26. Juni 2017 in Kraft. Es sieht vor, dass nicht nur Spielbanken, Veranstalter und Vermittler von Glücksspiel im Internet, sondern alle Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen nunmehr als Verpflichtete gelten. Um die mit hohen Barzahlungen verbundenen Risiken bezüglich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu mindern, werden Güterhändler vom Geldwäschegesetz erfasst, wenn sie Barzahlungen in Höhe von 10.000 € oder mehr tätigen oder entgegennehmen. Als Güterhändler gelten alle Personen, die gewerblich mit Gütern handeln. Der Entwurf wurde per Änderungsantrag in diesem Bereich dahingehend abgeändert, dass Händler in "atypischen Fällen" keinen Geldwäschebeauftragten bestellen müssen.

Lotterien, die nicht im Internet veranstaltet werden, wurden aus dem Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes herausgenommen, selbst wenn eine Teilnahme über das Internet möglich ist. Ebenfalls aus dem Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes herausgenommen wurden Geldspielgeräte.

Voraussetzung für Abschreibung beim Erwerb von Vertragsarztpraxen

Wird eine Vertragsarztpraxis samt der zugehörigen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis, insbesondere des Praxiswerts, als Chancenpaket erworben, ist der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar im Praxiswert als abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut enthalten. Auf dieser Grundlage besteht die Abschreibungsberechtigung auf den Praxiswert und die übrigen erworbenen Wirtschaftsgüter der Praxis.

Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.2.2017 auch dann, wenn eine Gemeinschaftspraxis eine Einzelpraxis unter der Bedingung erwirbt, die Vertragsarztzulassung des Einzelpraxisinhabers im Nachbesetzungsverfahren einem Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis zu erteilen. Maßgeblich für einen beabsichtigten Erwerb der Praxis als Chancenpaket ist, dass Veräußerer und Erwerber einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts der Praxis oder sogar einen darüberliegenden Wert vereinbarten. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Gemeinschaftspraxis nicht beabsichtigte, die ärztliche Tätigkeit in den bisherigen Räumen des Einzelpraxisinhabers fortzusetzen.

Der Erwerber einer Vertragsarztpraxis ist jedoch nur dann zur Abschreibung (AfA) des Praxiswerts und des miterworbene Inventars berechtigt, wenn Erwerbsgegenstand die gesamte Praxis und nicht nur eine Vertragsarztzulassung ist. Ist dies nicht der Fall, verneint der BFH in seiner zweiten Entscheidung vom gleichen Tag die AfA-Berechtigung des Erwerbers in vollem Umfang. Das trifft insbesondere zu, wenn der Neugesellschafter nur den wirtschaftlichen Vorteil aus der auf ihn überzuleitenden Vertragsarztzulassung gekauft hat und weder am Patientenstamm der früheren Einzelpraxis noch an anderen wertbildenden Faktoren ein Interesse hatte.

Dieses Wirtschaftsgut ist nicht abschreibbar, da es keinem Wertverzehr unterliegt. Der Inhaber kann eine ihm unbefristet erteilte Vertragsarztzulassung, solange er sie innehat, in Anspruch nehmen. Er kann zudem den aus ihr resultierenden wirtschaftlichen Vorteil im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens durch eine Überleitung der Zulassung auf einen Nachfolger verwerten. Daher erschöpft sich der Wert des immateriellen Wirtschaftsgutes des wirtschaftlichen Vorteils aus der Vertragsarztzulassung nicht in einer bestimmten bzw. bestimmbaren Zeit.

Bundesfinanzministerium äußert sich zur vorteilhafteren Ermittlung der außergewöhnlichen Belastung

Der Bundesfinanzhof entschied mit Urteil vom 19.1.2017, dass die Regelung zur außergewöhnlichen Belastung so zu verstehen ist, dass die dort zu berücksichtigende zumutbare Belastung stufenweise zu berechnen ist. Abhängig von der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte, der im Einkommensteuergesetz in 3 Stufen gestaffelt ist, wird die zumutbare Belastung anhand eines Prozentsatzes ermittelt.

Bislang wird die zumutbare Belastung bei Überschreiten einer dieser Stufen immer unter Zugrundelegung des Prozentsatzes der höheren Stufe berechnet. Künftig wird bei der Berechnung der zumutbaren Belastung nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte mit dem höheren Prozentsatz belastet, der die jeweilige Stufe übersteigt. Durch die stufenweise Berechnung ist insgesamt eine niedrigere zumutbare Belastung von den geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen abzuziehen. Im Ergebnis kann diese Berechnung zu einem höheren steuerlichen Abzug der außergewöhnlichen Belastungen - und damit zu einer niedrigeren Einkommensteuer - führen.

Nach einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 1.6.2017 soll die geänderte Berechnungsweise möglichst umgehend schon im Rahmen der automatisierten Erstellung der Einkommensteuerbescheide Berücksichtigung finden.

Bitte beachten Sie! Sollte die geänderte Berechnungsweise noch nicht berücksichtigt worden sein, empfiehlt sich ggf. das Einlegen eines Einspruchs bzw. Änderungsantrags!

 

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